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19. September 2010

Derbyrückblick zum zweiten … ein Resümee aus "Fan-Sicht"

Das erste Pflichtspiel Berlinderby zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Union seit 60 Jahren ist vorbei. Wir haben uns mal die Zeit gegeben das erlebte etwas setzen zu lassen und mindestens eine Nacht drüber geschlafen, bevor wir euch hier unsere Nachbetrachtung präsentieren.
Eine einhellige Meinung zeichnete sich bei uns aber bereits am Freitag nach Schlusspfiff ab: Das Spiel und alles drumherum wurden den Ansprüchen an ein Derby durchaus und letztendlich mehr als gerecht. Die Begegnung hat die Erwartungen an ein Derby erfüllt und das in jedem Fall eher positiver Natur.


Stimmung / Support
Die Stimmung war prächtig, Supportmäßig zeigten sich beide Seiten - vielleicht nicht immer konstant über die gesamten 90 Minuten, dafür aber dann umso eindrucksvoller - von ihrer besseren Seite. Die Atmosphäre war spannungsgeladen, voller Energie und knistern, erfreulicherweise aber nie wirklich hasserfüllt. Die Unioner boten zwar spät aber erwartungsgemäß die größte "Beleidigung" die man (aus Sicht eines Herthaners) gegenüber den Blau-Weissen zum besten geben kann, in Form der gekaperten Hertha-Hymne mit den geänderten Zeilen "Nur zu Hertha geh'n wir nicht" - das Ganze allerdings erstmals so ab der zweiten Hälfte der zweiten Halbzeit. Die Herthaner hingegen übten sich schon früh, genaugenommen bereits ab dem ansonsten beeindruckenden Derbymarsch durch die Köpenicker Straßen, im propagandieren des Schlachtrufes "Und niemals vergessen: Scheiss Union". Nunja wers braucht. Tut den Rot-weissen nicht wirklich weh, denn der Hertha Mob ist wahrlich nicht der erste, aus dessen Reihen dies erklingt.
Zum Support allgemein muss man sagen: Im Hertha Block steckte von Anfang an Bewegung drin. Auch Lautstärkemäßig wusste man zu überzeugen. Lediglich die Vielfalt des Liedgutes ist als Manko festzuhalten. "Scheiß Union" hallte es dafür in seiner Monotonität einfach zu oft aus dem blau-weissen Block. Mit ein paar mehr (verschiedenen) Hochgesängen aufs eigene Team wäre das deutlich interessanter gewesen.
Die rot-weissen hielten es da bis auf derbste Pfeifkonzerte bei Aktionen von Hertha Akteuren, supportmäßig fast ausschließlich mit Lobgesängen aufs eigene Team und den eigenen Verein. Genaugenommen steckt ja selbst die umgedichtete Hertha Hymne voll Lobpreisungen an die "Jungens von Union Berlin" mit dem "rot-weissen Trikot". Darüberhinaus gehende Verunglimpfungen suchte man zumindest in der Masse vergeblich.
Besonders positiv an dieser Stelle sei die Reaktion der Waldseite auf die 2-3 minütige Unterbrechung durch starke Rauchentwicklung *hust im Gästeblock zu erwähnen. Während es dem Hertha Block durch starke Rauchentwicklung die Sicht vernebelte, machte sich auf der Waldseite ein fast geschlossenes mehrminütiges skandieren von "Pyrotechnik ist kein Verbrechen" hörbar.
Das mag dem einen fast schon zu viel des Verständnisses für die eigentlich gegnerische Fraktion gewesen zu sein, zeigt aber letztendlich das diesem Derby aufgrund seiner Geschichte ein wirklich nennenswertes "Hasspotential" fehlt. Daran konnten auch diverse Frotzeleien im Vorfeld und bei der Anreise beider Fraktionen nichts ändern, genauso wie der (erfolglose) Versuch einer kleinen Gruppe aus dem blau-weissen Lager, mit der "Union-Tanke" einen zentralen Anlaufpunkt der Union Fanszene zu stürmen :-).

Was blieb und bleibt ist ein gesundes Maß an Rivalität, die man schon spüren konnte, sich jedoch grundsätzlich im fairen, sportlichen und gesanglichen Rahmen bewegte. Die Herthaner unterstrichen ihren Anspruch auf die Nummer eins in der Stadt mit ihrer Eröffnungschoreo in Form einer großen Berlin und später HBSC Blockfahne, untermalt von eindeutig Berlin fokussierenden Spruchbändern. Die Unioner zeigten nach langer Zeit mal wieder eine schicke "animierte" Choreo, in welcher sich der Mittelblock der Waldseite in den S-Bahnsteig Alexanderplatz verwandelte, samt Fahrtrichtungsanzeiger "Spandau" (über Olympiastadion zum Verständnis für Außenstehende) und "Erkner" (über Köpenick) mit einem in der Mitte stehendem auf die Bahn wartenden Typen. Von den Seiten des Blockes an der Waldseite näherten sich überdimensional große S-Bahn Wagen durch den Block Richtung Mitte. Einer gefüllt mit blau-weissen Fans, einer mit denen der rot-weissen. Das Ganze sah für jeden der sich nicht gerade zeitglich unter der Hertha Blockfahne befand und auch im Gästeblock etwas abseits stand, ziemlich witzig aus. Augsburger Puppenkiste lässt grüßen. Der Typ in der Mitte steigt letztendlich (untermalt von entsprechenden Spruchbändern ala "für welchen Zug entscheidest du dich" in die rot-weisse S-Bahn Richtung Köpenick ein, die daraufhin noch eine Ehrenrunde durch den Block dreht.

Über die gesamte Dauer des Spiels zeigte sich dann der Support von beiden Seiten durchauß Derbywürdig, wenngleich das den Herthanern durch die frühe Führung in der zweiten Spielminute deutlich leichter gefallen sein dürfte. Letztendlich sollte JEDER Anwesende, der nicht nur durch seine eigene Vereinsbrille blickt die Support-Leistungen des jeweils anderen anerkennen können. Im Nachhinein auf diversen Plattformen aufkeimende Diskussionen in der Form "Wir waren viel lauter, besser, bla,blubb … euch hat man nicht gehört … ihr wart voll schlecht … ist das alles was ihr draufhabt" etc kann man mit einigermaßen objektiver Betrachtung getrost als typischen "Internet Bullshit" abtun, den Fans jedes Vereins nach nahezu jedem Spiel irgendwo meinen absondern zu müssen, weile offenbar so schwerfällt fremde Leistungen anzuerkennen.
Im Falle des Supportes aus Fan-Sicht geht diese Party genauso wie das Spiel wohl mit einem 1:1 Unentschieden aus. Die Mankos wurden weiter oben benannt. Die Herthaner ließen sich nicht von der rot-weissen Übermacht entmutigen und zum verstummen bringen, und die Unioner ließen sich auch angesichts des Rückstandes nicht vom feiernden Hertha Mob die Butter vom Brot nehmen, sondern legten immer wieder nach.

Ein Derby was unter diesen Gesichtspunkten durchaus Spaß gemacht hat, den man sich auch durch dummes Internetgequatsche nicht nehmen lassen sollte - und welches durchaus schon jetzt die Vorfreude aufs Rückspiel entfacht.

Wir lesen uns :-)